Klimaziele in weiter Ferne
In Deutschland wurden 2016 insgesamt fast 906 Mt Treibhaus gase freigesetzt, das sind etwa 4 Mt mehr als 2015. Das zeigen aktuelle Prognose-Berechnungen des Umwelt Bundesamtes (UBA). Am stärksten gestiegen sind die Emissionen im Verkehrssektor: Hier sind es 5,4 Mt mehr als 2015, ein Plus von 3,4 %. Der Anstieg der Verkehrs Emissionen geht vor allem darauf zurück, dass mehr Diesel getankt wurde und der Straßengüterverkehr um 2,8% gewachsen ist. „Die Klimagasemissionen des Verkehrs liegen mittlerweile 2 Mt über dem Wert von 1990. Wenn sich im Verkehrssektor nicht bald etwas bewegt, werden wir unsere Klimaschutzziele verfehlen. Die Effizienz Steigerungen bei Fahrzeugen sind durch das Verkehrswachstum auf der Straße verpufft“, sagte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, seine Emissionen bis 2020 um 40% zu mindern, derzeit ergibt sich nur eine Minderung von 27,6 %.
Anders als auf der Straße erlebte der klimafreundliche Schienengüterverkehr 2016 einen Rückgang bei den trans‑
portierten Tonnenkilometern um 0,5%. Grund sind die zu niedrigen Mautsätze für Lkw und die günstigen Spritpreise. Letztere führten zu einem Plus von 3,5 % beim Dieselabsatz (Benzin: +2%). Maria Krautzberger: „Für eine Verkehrs wende sollte die Maut auf das gesamte Straßennetz und auf alle Lkw-Klassen ausgeweitet werden. So können wir die Umweltschäden durch Treibhausgase und Lärm den Verursachern besser anlasten.“
Auch der Luftverkehr verzeichnete deutliche Zuwächse in puncto zurückgelegter Kilometer bzw. bewegter Passagiere und Fracht. Auch dies verursacht den Anstieg der Treibhaus gas Emissionen des Verkehrs.
„So lange wir den Verkehrssektor in Deutschland umweltschädlich mit 28,6 G€ pro Jahr subventionieren, wird sich an dieser Entwicklung nichts ändern“, so Krautzberger: „Das Dieselsteuerprivileg wie auch andere Privilegierungen sollten daher nach und nach abgeschafft werden.“
(UBA-Pressemitteilung vom 20. März 2017)
Alles machbar
Wie hoch wären die Belastungen für eine vollständige Umstellung der deutschen PKW auf Wasserstoff? Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich wollten es wissen und haben den Prozess einmal von Anfang bis Ende durchgespielt und -gerechnet.
Mit Hilfe von Elektrolyseuren kann man Lastspitzen nutzen, um aus Wasser Wasserstoff herzustellen, der sich ähnlich wie Erdgas unproblematisch und günstig in unterirdischen Salzkavernen lagern lässt.
Pipelines in der Länge von 42.000 km und rund 10.000 neue Wasserstoff-Tankstellen wären nötig, um 75 % der PKW mit Wasserstoff zu versorgen. Insgesamt müssten für Elektrolyseure, Pipelines, Wasserstoff-Tankstellen und die Erschließung von Kavernen rund 61 G€ aufgebracht werden. Verteilt über die gesamte Aufbauphase von 40 Jahren wären die jährlichen Ausgaben damit im Schnitt niedriger als die heutigen Investitionen in das Erdgasnetz: Die 633 Verteilnetzbetreiber in Deutschland haben alleine im Jahr 2013 rund 2 G€ für den Erhalt und Ausbau des Erdgasnetzes ausgegeben.
Die Kosten für den Wasserstoff wären vergleichbar mit heutigen Kraftstoffkosten. Sie lägen — abhängig von der Vergütung des genutzten Stroms — umgerechnet nur wenige Cent pro Kilowattstunde unter oder über den heutigen Benzinpreisen. Auch in Sachen Komfort müssten Autofahrer keine Abstriche machen. Innerhalb von drei Minuten ist ein Brennstoffzellen-PKW vollgetankt. Die Reichweite beträgt bis zu 700 km.
Mit Hilfe von Wasserstoff als Speicher könnte man einen großen Teil der fossilen Kraftwerke durch Windkraft ersetzen. In ihrem Szenario gehen die Forscher von insgesamt 170 GW elektrischer Leistung onshore und 59 GW offshore im Jahr 2050 aus. Zusammen ist das etwa die fünffache Gesamtleistung der Windkraft von 2016, was einer Verringerung der CO2-Emissionen um insgesamt 20% entspricht. Weitere 6% lassen sich durch den Ersatz konventioneller PKW einsparen. Zugleich könnten auch die aktuell in der Diskussion stehenden Stickoxide und Feinstäube in Städten deutlich reduziert werden. Denn die Abgase von Wasserstoffautos bestehen lediglich aus Wasserdampf. Zusätzliche Einsparungen wären durch die Einführung entsprechender Busse und Kleintransporter möglich.
Der Investitionsbedarf für die Infrastruktur hängt in hohem Maße von den kostenintensiven Elektrolyse-Kapazitäten ab. Für eine anfängliche Flotte von 10.000 Brennstoffzellen Fahrzeugen wären zwar schon ein flächendeckendes Tankstellennetz, aber zunächst nur relativ geringe Elektrolysekapazitäten von etwa 23 MW im Jahr 2025 erforderlich. Denn zunächst würde nur relativ wenig Wasserstoff benötigt. Um langfristig 75 % der deutschen PKW – oder geschätzte 33 Millionen Brennstoffzellenautos – zu versorgen, wäre dagegen ungefähr die tausendfache Elektrolyse Kapazität mit einer elektrischen Gesamtleistung von 28 GW erforderlich. Das entspricht in etwa der Leistung von 50 Kohlekraftwerken.
Emonts, S. Schiebahn, K. Görner, D. Lindenberger, P. Markewitz, F. Merten, D. Stolten: „Re-energizing energy supply: Electrolyticallyproduced hydrogen as a flexible energy storage medium and fuel for road transport“, Journal of power sources 342 (2017) 320-6; DOI: 10.1016/jjpowsour.2016.12,073
Energie in den Keller tun
Unterirdische Energiespeicher in geeigneten Gesteinsformationen werden voraussichtlich ein Element des Energiesystems von morgen sein. Dieses Prinzip kann man auf unterschiedliche Weise realisieren.
Daher können wir mit Gewissheit sagen, dass die Technologien zur Herstellung und Anwendung von Wasserstoff in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht haben, und zwar nicht nur im Pkw-Bereich.“ Für das Wuppertal-Institut sagte Manfred Fischedieck: „Für die Zukunft gehen wir davon aus, dass per Elektrolyse hergestellter Wasserstoff aus Strom aus erneuerbaren Energien eine wichtige Rolle einnehmen wird.“ Dies müsse auch so sein, um die potenziellen Umweltvorteile des Wasserstoffs nutzen zu können.
Das Dokument ist unter www.shell.de/wasserstoffstudie frei erhältlich.
Pressekonferenz zur Vorstellung der Shell Wasserstoffstudie mit Dr. Karin Arnold und Prof. Dr. Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut, Chef-Volkswirt Dr. Jörg Adolf und Shell Hydrogen General Manager Oliver Bishop sowie Rosario Berretta, Daimler (von rechts)
Kohle Lobby soll aber draußen bleiben!
Anmerkung der EES-ev