Veranstaltung am 23.11.2023 „Schleswig-Holstein auf dem Weg in die Klimaneutralität – Teil 2“

Erneuerbare und Technologietransfer in Schleswig-Flensburg. Carsten Delfs, Kreis Schleswig-Flensburg, Technologietransfer.

Carsten Delfs, Kreis Schleswig-Flensburg, Technologietransfer, stellt die Weiterentwicklung des Zubaus von Erneuerbaren Energien im Kreis Schleswig-Flensburg vor. Bei Windkraftanlagen betrug der Zuwachs im Kreis Schleswig Flensburg 150 MW, insgesamt waren Anlagen mit einer Nennleistung von 1,65 GW in Betrieb. Bei Solaranlagen betrug der Zuwachs bei Anlagen mit einer Nennleistung größer 1 MW 65 MW. Insgesamt waren (große) Solaranlagen mit einer Nennleistung von 465 MW im Kreisgebiet in Betrieb. Bei den Solaranlagen gibt es eine Dunkelziffer, da zum Beispiel die Kleinanlagen auf Gebäuden nicht erfasst werden.

Der Zubau an Solaranlagen wird sehr stark zunehmen, da die Photovoltaik die zentrale Säule der Energiewende ist. Ab 2028 ist ein jährlicher Zuwachs von 20 GW bundesweit geplant. Dies wird sich auch im Zubau von Solaranlagen im Kreis niederschlagen.

299 Ladestationen mit einer Ladeleistung von 16 MW für die E-Mobilität sind im Betrieb, in 2023 sind 32 Ladepunkte im Kreisgebiet hinzugekommen.

Neben der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien ist Wasserstoff weiter für den Kreis ein wichtiges Zukunftsthema. Der Preis für lokal erzeugten Wasserstoff kann durch den Wegfall der EEG Umlage bis 2030 auf 5,50 €/ kg H2 sinken. Eine weitere Senkung der Kosten durch Wegfall der Stromsteuer und Netzentgelte auf 4 €/kg H2 erscheint möglich.

 

Dirk Jensen arbeitet ist als Projektierer von Freiflächen-Solarparks. Als gelernter Landwirtschaftsmeister sucht er Flächen mit niedrigen Bodenwerten aus, die sich für Freiflächensolaranlagen und auch als Brache besonders gut eignen. Damit werden keine Flächen für die Produktion von Lebensmitteln der Landwirtschaft entzogen. Der Energieertrag aus Freiflächensolaranlagen ist um den Faktor 30 bis 50 besser als der Anbau von Energiemais für Biogasanlagen. In Niedersachsen müssen die mit Mais bebauten Flächen mit 3000 m3 Wasser je Hektar und Jahr bewässert werden. Bei Freiflächensolaranlagen werden 3000 m3 Wasser in den Boden und in den Grundwasserkörper abgeführt, da die Verdunstung durch den extensiven Bewuchs und durch die Verschattung unter den Solarmodulen sehr gering ist. Gegenwärtig werden auf 2.3 Mio ha Energiepflanzen angebaut, das sind ca. 13 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Für die Ausbauziele der Bundesregierung werden nur 100.000 ha Flächen für Freiflächensolaranlagen benötigt. Wenn die Freiflächensolaranlagen als Agri-PV-Anlage ausgeführt werden, stehen dies Flächen auch für die Produktion von Lebensmitteln zur Verfügung. Das Potential ist erheblich und kann zu einem wesentlichen Teil den Energiebedarf auch in Deutschland decken. Ein wenig mehr Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Projekten wäre aus Sicht des Projektierers wünschenswert.

 

Vorgensweise bei der Planung von Freiflächen-Solaranlagen. Ute Runge, Bau- und Planungsabteilung Handewitt.

Ute Runge, Bau- und Planungsabteilung Handewitt, stellt die Vorgehensweise der Gemeinde Handewitt bei der Ausweisung von Flächen für Freiflächen-Photovoltaik sehr detailliert vor. Bei der Gemeinde Handewitt sollen auf insgesamt 350 ha Freiflächensolaranlagen gebaut werden. 180 ha Fläche werden konkret mit Freiflächensolaranlagen beplant. Der Planungsprozess ist komplex und fängt mit einem Standortkonzept und der erfolgreichen Bürgerinformation und –beteiligung zu geplanten Projekten an. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Vorauswahl und Priorisierung von Flächen und die Auswahl und Überprüfung der Investoren. Bei der weiteren Planung sind die Interessen und Vorgaben verschiedener Behörden zu berücksichtigen. Die übergeordnete Landesplanung hat die Planungshoheit auch für größere Anlagen an die Gemeinden abgegeben. Dies beschleunigt die Planung erheblich, die Planung eines Solarparks dauert aus Sicht der Behörde in Handewitt etwa ein Jahr für die für die Phase der Bauleitplanung.

Das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) erlaubt eine Kommunalbeteiligung in Höhe von bis zu 0,2 Ct/kWh erzeugten Stroms. Ziel der Gemeinde ist es, diese Einnahmen zu erzielen, ebenso wie Gewerbesteuern, möglichst zu 100 %, wenn die Firma ihren Sitz in die Gemeinde verlegt.

Durch den persönlichen Einsatz des Bürgermeisters der Gemeinde Handewitt werden Projekte für Freiflächensolaranlagen beim Kreis und beim Land mit hoher Priorität bearbeitet.

 

Photovoltaik – die kleinteilige Herausforderung in Flensburg. Till Fuder, Stadt Flensburg, Fachbereich Stadtentwicklung und Klimaschutz

Till Fuder, Stadt Flensburg, Fachbereich Stadtentwicklung und Klimaschutz, stellt am Beispiel von Flächenplänen der Stadt Flensburg vor, dass eigene Flächen für größere Solaranlagen nicht zur Verfügung stehen, da diese Flächen mit anderen Nutzungen in Konkurrenz stehen. Die Nutzung von Solaranlagen beschränkt sich kleinteilig auf eigene Gebäude und private Haushalte. Neubauten von öffentlichen Gebäuden der Stadt sollen zukünftig mit Solaranlagen ausgestattet werden. Ein weiteres Potential bieten Infrastrukturflächen wie Parkplätze.

 

Aufbau eines Wärmenetzes im ländlichen Raum. Christoph Baumann, Vorstand von der Genossenschaft Boben op e.G.

Christoph Baumann, Vorstand von der Genossenschaft Boben op e.G. berichtet, wie durch Ehrenamtliche viele Hürden bei dem Aufbau eines Nahwärmenetzes zu überwinden sind. Im Idealfall wäre die Gemeinde Eigentümer des Wärmenetzes geworden, die den Betrieb des Netzes an einen Dritten vergeben hätte. Diese gemeinwirtschaftliche Lösung war aber nicht machbar. Deshalb ist eine Genossenschaft als zweitbeste Lösung gegründet worden. Gegründet wurde die Genossenschaft 2016. Heute sind 2 Inselnetze in Maasbüll und Hürup in Betrieb mit einer Länge von 6 km in Betrieb, die 130 Haushalte mit Wärme aus Hackschnitzelkesseln (90 % regional geerntetes Knickholz) versorgen. Geplant die Versorgung von 80% der 1500 Haushalte der in den angeschlossenen Ortsteilen der Gemeinden Hürup und Husby.

Die Genossenschaft hat 2023 eine Konversionsfläche gekauft, auf der ab 2026 Wärme erzeugt werden soll. Ein Großteil der Wärme soll mit Solarthermie erzeugt werden. Die Wärme wird in einem Lehmspeicher oberflächennah gespeichert. Hochtemperatur-Wärmepumpen, die mit Strom aus eigenen PV-Anlagen gespeist werden, sind für die Nacherwärmung im Wärmenetz in den Übergangszeiten im Frühjahr und Herbst vorgesehen. Der Spitzenbedarf im Winter wird durch einen Biomassekessel und zu einem Restanteil durch ein Blockheizkraftwerk gedeckt. Mehr zu der Genossenschaft und zu den Aktivitäten des aktuellen Nahwärmeprojektes in Hürup finden Sie in den Bilder des Vortrages. Ein sehr gelungenes Beispiel für die vollständige Substitution fossiler Brennstoffe und für die Energiewende von unten.