Keine alternativen zur regenerativen Energiewende

Die „Argumente“ der Windenergie Gegner besonnen widerlegen

Erstellt von Wolfgang Molwitz am 13.04.2017 um 12:04 Uhr

 Diskussionen und Streit um Energiewende in Schleswig-Holstein:

Es bleibt eine Erfolgsgeschichte rtemagicc_windenergiehochsauerland_kopie_01-gif

Windenergie-GegnerInnen argumentieren, Windenergie führe zu Gesundheitsschäden: durch Schall, durch Schattenwurf, durch Eiswurf. Nichts davon konnte bisher nachgewiesen werden.

Was sie komplett außer Acht lassen: Die Gesundheitsschäden durch Kohle und Atom, durch Verbrennung fossiler Brennstoffe, sind sehr wohl nachgewiesen. Tausende Menschen sind bereits erkrankt oder (früher als nötig) gestorben. Genau davor schützt der Ausbau der erneuerbaren Energie.

Windenergie-GegnerInnen argumentieren, Windenergie sei zu teuer: Allein die Abregelungen, also das Abschalten aufgrund fehlender Stromleitungen, koste pro Jahr 300 Millionen Euro.

Was sie komplett außer Acht lassen: Die Windenergie-Anlagen müssen zunächst gebaut werden, bevor die Konzerne die Stromleitungen bauen. Diese Investition tätigen sie erst, wenn sie die neuen Leitungen auch vom ersten Tag an nutzen können. Und Deutschland importiert pro Jahr für 67 Milliarden Euro fossile Brennstoffe (Kohle, Erdöl, Gas, Uran) für die Stromerzeugung, da sind die 0,3 Milliarden für Abregelungen tatsächlich nicht das Problem, zumal die Leitungen ab 2019 zur Verfügung stehen. Die Abregelungen 2016 waren trotz kräftigen Zubaus an Anlagen geringer als 2015, voraussichtlich fallen sie 2019 ganz weg.

Was die Windkraftgegner auch komplett außer Acht lassen, sind die Kosten der Endlagerung für Atommüll. Mit einem schnelleren Zubau von Windenergie könnte Atomstrom schneller als heute geplant abgeschaltet und damit viel Müll vermieden werden. Schon jetzt gilt: Jeder Stillstand des Atomkraftwerks Brokdorf macht für Hunderte von Windenergieanlagen den Weg durch die Stromleitungen frei und entlastet die Stromkunden auch finanziell.

Windenergie-Gegner kritisieren auch das Dauerblinken der Anlagen nachts. Alle Anlagen von mehr als 100 Meter müssen nachts Lampen blinken lassen, um Flugzeuge zu warnen – das gilt für ganz Deutschland, auch wenn hierzulande gerade nachts so gut wie keine Flugzeuge unterwegs sind.

Hier gibt es inzwischen neu entwickelte Warnblinker, die nur anspringen, wenn sich wirklich ein Flugzeug nähert. Inzwischen wurde das Erlaubnisrecht geändert, dass diese jetzt installiert werden können. „Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung” nennen das die Behörden. Allerdings müssen pro Windpark vier Radaranlagen installiert werden, das lohnt sich nicht für alle. In Schleswig-Holstein sind bisher 80 Anlagen umgerüstet worden und blinken jetzt nur wenn ein Flugzeug sich nähert, faktisch also nie.

Arbeitsplätze

Die erneuerbaren Energien sind für Schleswig-Holstein ein Jobmotor. Insgesamt gab es 2013 rund 16.000 Arbeitsplätze in dem Bereich, 2015 waren es bereits 18.400 Arbeitsplätze. Wind ist das wichtigste Gebiet: 12.200 Arbeitsplätze gehören zur Windenergie, 5.100 zur Biomasse (Biogas), 700 zur Photovoltaik, also der Sonnenenergie.

Wenn Schleswig-Holstein auch Arbeitsplätze in der Produktion haben will, müssen die kleinen Betriebe gefördert werden, die jetzt an Speicher-Techniken arbeiten.

Von der EEG-Umlage, die alle Stromkunden in Deutschland bezahlen, flossen 2014 rund 1,8 Milliarden Euro, 2015 dann 2,6 Milliarden Euro nach Schleswig-Holstein. Das ist schon viel, lässt sich aber sicherlich noch steigern. Dabei bekommen die Produzenten in Schleswig-Holstein nur 14,8 Cent pro kWh, weil sie billiger produzieren als im Bundesdurchschnitt, wo 16,8 Cent bezahlt werden.

Veranstaltungen und Proteste

Die Landesregierung stellt zur Zeit die neue Planung auf Veranstaltungen in Kiel, Bad Oldesloe, Husum und Meldorf vor. Diese Veranstaltungen liegen größtenteils in der Produktionszeit dieser Zeitschrift. Auf der ersten Veranstaltung zeigte sich aber schon, dass die Zahl der Gegner der Windenergie stark geschrumpft ist. Gerade mal dreißig demonstrierten gegen den Ausbau, für größere Abstände zu Siedlungsgebieten (was faktisch die gesamte erneuerbare Energie in Frage stellt).

Auf der Veranstaltung am 10. März in Kiel, eingeladen hatte die Staatskanzlei, war nach dem Beifall zu urteilen ungefähr ein Drittel der rund 300 Besucherinnen und Besucher gegen die Landesplanung, rund zwei Drittel dafür. Nach dem Austausch der Argumente forderten die Windenergie-Gegner offen die Änderung des Gesetzes: Die Landesregierung sollte von ihrem Ziel des Ausbaus der Windenergie abrücken, was einen (Wieder-)Ausbau der Energieerzeugung mit fossiler Energie bedeuten würde, also entweder Kohle oder Atom, vielleicht auch mehr Erdöl und Erdgas. Dem erteilten die VertreterInnen der Landesregierung, Staatssekretär Thomas Losse-Müller und Staatssekretärin Ingrid Nestle, eine klare Absage.

Die Windenergie-GegnerInnen, die ihren Verein „Gegenwind Schleswig-Holstein” genannt haben, sammeln für zwei Forderungen Unterschriften:

  1. Mit der „Volksinitiative Bürgerwillen” wollen sie erreichen, dass die Ablehnung von Windkraftanlagen durch eine Gemeinde verbindlich berücksichtigt werden soll. Exakt das hat das Oberverwaltungsgericht bereits im Januar 2015 untersagt, weder positive noch negative Stellungnahmen von Gemeindevertretungen dürfen die Landesplanung bestimmen, sondern nur „objektive Kriterien”. Zwei Jahre später gegen das Urteil Unterschriften zu sammeln wäre zumindest erklärungsbedürftig, was die Windkraftgegner natürlich nicht tun.
  2. Mit der „Volksinitiative Abstand” sammeln sie Unterschriften für den sogenannten 10H-Abstand, also dem Zehnfachen der Höhe. Damit würde die Fläche für Windenergie auf rund ein Sechstel des jetzigen gesenkt – es ginge nicht mehr um den Bau von Windenergieanlagen, diese müssten vielmehr abgebaut und durch andere Kraftwerke ersetzt werden. Die Initiatoren sind nicht so ehrlich, auch Bauplätze für die Kohlekraftwerke vorzuschlagen oder die verheerenden Auswirklungen auf die Gesundheit, das Klima oder die Natur zu erläutern.

Sowohl die Abstände als auch die Grundsätze des Planungsrechts sind allerdings Bundesrecht. Sollten sich ausreichend Unterschriften finden, ist das vermutlich ohne Belang. Umweltminister Robert Habeck schätzt ohnehin, dass es bei 98 Prozent der jetzt ausgewiesenen Vorrangflächen keine Proteste oder Einsprüche mehr gibt, sondern sich die Diskussion beruhigt hat.

Vor einem Jahr, als die neuen Planungen veröffentlicht wurden, waren die Irritationen anfangs noch sehr groß. Von damals 3100 Anlagen lagen 1307 in Gebieten, die in der neuen Planung nicht mehr als Windenergie-Fläche ausgewiesen waren. Gefragt wurde, warum allgemein akzeptierte Anlagen, die größtenteils den Anwohnern auch bares Geld einbringen, jetzt mit der Zeit abgebaut werden (etwa 1.200 Anlagen werden bis 2025 verschwinden), aber neue Gebiete ausgewiesen würden, die oftmals auf den Widerstand der Nachbarn stoßen. Die Antwort steht im Gerichtsurteil: Weil eben die Planung nach objektiven Kriterien zu erfolgen hat, nicht nach den Wünschen der einzelnen Gemeinden oder Anwohnerinnen und Anwohner.

Beteiligung der Bevölkerung

Die Landesregierung hat die Planung jetzt ins Internet gestellt, alle können sie kommentieren. Dazu gibt es interaktive Karten, die die Vorarnggebiete für Windenergie anzeigen. So kann man auf die eigene Wohngegend zoomen, dort auf ein Windenergie-Gebiet klicken und bekommt einerseits alle Informationen über die Planungen dort, andererseits auch ein Kontaktformular. Hier kann man die eigene Stellungnahme abgeben: Das muss kein Widerspruch sein, es darf auch eine Unterstützung für die erneuerbare Energie sein. Die Stellungnahme sollte man in einer Textverarbeitung vorschreiben und dann komplett ins Formular der Regierung kopieren.

Dazu kann man auch eine Anlage, z.B. eine pdf-Datei, anhängen. Will man mehrere schicken, sollte man entweder eine normale Mail an die Staatskanzlei schicken, oder man öffnet das Kontaktformular mehrfach.

Diese Beteiligung ist bis zum 30. Juni 2017 möglich. Die Adresse: bolapla-sh.de

Hier kann man sich für einen der drei Planungsräu
me entscheiden oder die Landesplanung Windenergie insgesamt anklicken. Zuschriften können auch per Brief oder Fax oder Mail erfolgen.

Alle Zuschriften werden im zweiten Halbjahr 2017 ausgewertet und beantwortet. Dabei werden alle Antworten ins Internet gestellt, also nicht persönlich versandt. Viele Stellungnahmen werden sich überschneiden und wiederholen, diese werden dann als eine Zuschrift zusammengefasst und beantwortet.

Anfang 2018 soll es dann die Anhörungen geben, danach wird die Landesplanung verabschiedet.

 

 

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